Ein Mittwoch in den Sommerferien. Während draußen die Sonne scheint, steht in der Sporthalle der Schillerschule in Esslingen-Berkheim alles im Zeichen des Turnsports. Dort, wo normalerweise die Bundesliga-Turnerinnen des TSV Berkheim mit höchster Präzision an Stufenbarren, Reck und Co. trainieren, erklingt aus einem tragbaren Lautsprecher laute Musik. Eine Gruppe von sechs Kindern tanzt ausgelassen in der Mitte der Halle – Ute Billerbeck, eine langjährige Trainerin des Vereins, macht verschiedene Aufwärmübungen vor. „Kommt, die Arme hoch und die Beine ordentlich mitnehmen“, ruft sie den Kindern zu, die voller Eifer mitmachen. Sie laufen auf der Stelle, die Hände schwingen über den Kopf. Der Puls steigt, und die Spannung ist greifbar. In Kürze beginnt für die Kids ein ganz besonderes Training. In den kommenden 60 Minuten geht es nicht um turnerische Höchstleistungen, sondern um die Frage, wie Turnen im Straßenverkehr hilfreich sein kann.
Körpergefühl und Balance sind wichtiger als man denkt
„Turnen und Straßenverkehr – wie passt das zusammen?“, fragt Renate Weber die Kinder nach dem Warm-up. Renate, die seit mehr als 50 Jahren als Turntrainerin im Einsatz ist, zählt beim TSV Berkheim längst zum Inventar. Mit einem freundlichen Lächeln erklärt sie dem aufmerksam zuhörenden Nachwuchs, dass viele der Fähigkeiten, die sie in der heutigen Trainingsstunde üben werden, nicht nur in der Turnhalle nützlich sind. „Es geht um Koordination, Balance und schnelle Reaktionen. All das braucht ihr auch, wenn ihr zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf der Straße unterwegs seid.“ Die Kinder scheinen das zu verstehen – die Verbindung zwischen Sport und Alltag wird greifbar.
Insgesamt sechs Stationen mit unterschiedlichen Anforderungen haben Renate und Ute aufgebaut. Während die Kinder von Übung zu Übung gehen, wird deutlich, dass der spielerische Ansatz des Trainings sie vergessen lässt, dass sie gleichzeitig wichtige Fertigkeiten für den Straßenverkehr erwerben. Sophie Spohn, eine 17-jährige Turnerin aus dem Bundesliga-Kader der Berkheimerinnen, unterstützt sie dabei. „Ihr müsst immer im Blick haben, was um euch herum passiert“, erklärt sie an der sogenannten „Balance-Brücke“, einer aus zwei Bänken bestehenden Wippe. „Gleichgewicht zu halten, hilft nicht nur hier auf den Bänken. Auch auf dem Fahrrad oder beim Gehen auf dem Gehweg ist es wichtig, dass ihr sicher steht und schnell reagieren könnt.“ Die ersten Schritte der Kinder sind noch zögerlich, doch nach und nach gewinnen sie an Sicherheit. „Super! Versuch mal, noch langsamer zu gehen, so kannst du dein Gleichgewicht besser spüren“, ermutigt Renate den neunjährigen Tom.
Reaktionsschnelligkeit – der Schlüssel zur Sicherheit
An der Station „Wackelpfad“ balancieren die Kinder auf wackeligen Holzklötzchen, während sie einen Ball in einen Ring prellen müssen. „Das ist wie im Straßenverkehr – ihr müsst mehrere Dinge gleichzeitig im Blick behalten“, erklärt Ute und beobachtet die Kinder, wie sie versuchen, die Balance zu halten und gleichzeitig den Ball zu kontrollieren. „Wenn ihr über die Straße geht, müsst ihr einerseits auf den Verkehr und andererseits auf die Fußgängerampel oder den Zebrastreifen achten.“ Hier lernen die Kinder, wie wichtig es ist, mehrere Reize gleichzeitig zu verarbeiten und dennoch die Kontrolle zu behalten.
„Was bringt es, wenn man schnell reagiert, aber nicht aufpasst?“, fragt Renate am „Reaktionsring“. Bei dieser Übung müssen die Kinder einen fallenden Stab fangen, bevor er den Boden berührt. „Das ist wie auf der Straße – schnell reagieren hilft nur, wenn ihr auch vorher die Umgebung gut beobachtet habt“, erklärt sie. Die sechsjährige Ronja schnappt sich den Stab im letzten Moment und strahlt. „Manchmal müsst ihr im Straßenverkehr ganz plötzlich entscheiden – da ist schnelles Handeln gefragt“, ergänzt Sophie, die die Übung mit realen Alltagssituationen verknüpft.
Mit Vollgas durch den Parcours
Am Barren sind Konzentration und Mut gefragt. Hier balancieren die Kinder auf durchhängenden Seilen, die zwischen den Holmen befestigt sind. Renate gibt den Kindern Hilfestellung, während sie erklärt: „Stellt euch vor, ihr müsst durch eine Baustelle oder über Kopfsteinpflaster gehen. Hier lernt ihr, wie ihr euch sicher fortbewegt, auch wenn der Boden unter euch wackelig ist.“ Simon, der anfangs noch zögerlich ist, fragt: „Und was, wenn ich runterfalle?“ „Dann probierst du es einfach noch einmal“, antwortet Renate lachend und gibt ihm einen ermutigenden Klaps auf die Schulter. Mit jedem Versuch wird das Balancieren leichter, und bald trauen sich die Kinder sogar, kleine Schritte auf den Seilen zu hüpfen. „Das fühlt sich an, als würde man schweben!“, ruft Malea begeistert, während Sophie der mit fünf Jahren jüngsten Turnerin ein High-Five gibt. „Super gemacht!“.
Am Slalom-Parcours, der zusätzlich aufgebaut wurde, geht es dann richtig zur Sache. Die Kinder steigen auf Laufrad oder Bobbycar und fahren einen Parcours ab, der auf engem Raum gesteckt ist. „Na, wer von euch schafft es, mich zu überholen?“, fragt Ute mit einem Lächeln und tritt selbst mit an. Die Kinder feuern sich gegenseitig an. „Das war richtig knapp!“, ruft Helena, die etwas schneller war als ihre Trainerin, stolz. Der Wettkampfcharakter motiviert die Kinder – hier zählt nicht nur Schnelligkeit, sondern auch Geschick. Genau das, was sie brauchen, um sicher und flexibel im Straßenverkehr unterwegs zu sein.
Ein unvergesslicher Abschluss mit Moki und Korni
Ein echtes Highlight erwartet die Kinder zum Abschluss des Trainings. Als Moki und Korni, die flauschigen Maskottchen von MobileKids und vom TSV Berkheim, die Halle betreten, gibt es keinen Zweifel mehr: Der Tag war ein voller Erfolg. Die Kinder jubeln vor Freude, als die beiden Maskottchen in die Halle kommen. „Guck mal, Moki, ich zeig dir, wie du über die Wackelhölzer gehen kannst“, ruft Mila und macht die Übung stolz vor. Die Begeisterung der Kinder ist kaum zu bremsen. Und es wird noch besser: Kurz bevor die kleinen Turnerinnen und Turner die Halle verlassen, gibt es noch Geschenke. Jedes der Kinder erhält von Moki ein buntes Mokiheft und ein reflektierendes Schlüsselband. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht und dem Gefühl, etwas Wichtiges gelernt zu haben, machen sich die Kinder auf den Heimweg.
Am Ende dieses Nachmittags ist klar: Turnen lehrt nicht nur Körperbeherrschung und Geschick, sondern auch Fähigkeiten, die im Straßenverkehr entscheidend sind. „Es war schön zu sehen, wie gut die Kinder die Verbindung zwischen Turnen und Verkehrssicherheit verstanden haben“, resümiert Renate zufrieden. „Wenn sie das, was sie hier gelernt haben, auch draußen anwenden, sind sie auf dem besten Weg, sichere Verkehrsteilnehmer zu werden.“